Als elementarer Bestandteil eines Risikomanagementsystems legt das Beschwerdemanagement Schwachstellen in betrieblichen Abläufen offen und ermöglicht somit, Präventionsmaßnahmen zu implementieren, so dass Verstöße möglichst erst gar nicht vorkommen. Zudem gibt es Auskunft darüber, ob Abhilfemaßnahmen auch tatsächlich greifen. Es ist also Frühwarnsystem und Zugang zu angemessener Abhilfe in einem. Je mehr menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken ein Unternehmen identifiziert, desto mehr Aufwand ist für die Implementierung und den Zugang des Beschwerdesystems notwendig.
BAFA-Handreichung
Das LkSG fordert Unternehmen auf, ein Beschwerdeverfahren einzurichten, das „für potenzielle Nutzer zugänglich sein, die Vertraulichkeit der Identität wahren und wirksamen Schutz vor Benachteiligung oder Bestrafung aufgrund einer Beschwerde gewährleisten“ muss. Um Unternehmen bei der praktischen Umsetzung dieser Anforderung zu unterstützen, hat die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) eine Handreichung veröffentlicht.
Zielgruppengerechte Meldekanäle
Die Handreichung lässt einen großen Spielraum bei der Ausgestaltung des Systems, insbesondere was die Art der Meldekanäle angeht. Es dürfen bspw. verschiedene Kanäle wie E-Mail, Telefon, Softwarelösung, Ombudsperson oder die Teilnahme an externen Verfahren miteinander kombiniert werden. Nicht alle Gruppen müssen Zugang zu dem gleichen Beschwerdeverfahren haben. Zu beachten ist, dass die Kommunikation und Ausgestaltung der Beschwerdekanäle zielgruppengerecht erfolgen müssen. Dies betrifft sowohl Sprache, Übersichtlichkeit und Klarheit als auch den Ort der Veröffentlichung sowie den barrierefreien Zugang zu dem Meldesystem. Adressat für das Beschwerdeverfahren sind im ersten Schritt Personen im eigenen Geschäftsbereich und in der Lieferkette des Unternehmens. Wichtig ist, dass diesem Personenkreis mit einem niedrigschwelligen Angebot ermöglicht wird, Meldungen an das Unternehmen abzusetzen.
Verfahrensablauf beachten
Neben der Verfahrensordnung, die den Anwendungsbereich definiert, die einzelnen Beschwerdekanäle auflistet und weitere Informationen zum Beschwerdesystem schriftlich fixiert, sind der Ablauf des Beschwerdeverfahrens und der Umgang mit hinweisgebenden Personen zentrale Punkte der Handreichung. Im ersten Schritt nach Eingang einer Beschwerde muss eine Eingangsbestätigung an die hinweisgebende Person geschickt werden. Weiterhin wird ein kontinuierlicher Kontakt zwischen Hinweisgeber und Hinweisempfänger gefordert, um nächste Schritte und den zeitlichen Verlauf zu klären. Außerdem sollten der hinweisgebenden Person ihre Rechte in Bezug auf Schutz vor Benachteiligungen oder Bestrafungen explizit erläutert werden.
Beschwerdeprüfung
Danach erfolgt die Prüfung der Beschwerde und ggf. eine Rückmeldung mit Begründung an die hinweisgebende Person, wenn die Meldung nicht in den Anwendungsbereich des Beschwerdesystems fällt. Eine ausführliche Klärung des Sachverhalts mit der hinweisgebenden Person führt zu einem besseren Verständnis auf Seiten des Hinweisempfängers und fördert das Vertrauen in den Prozess. Außerdem können die Erwartungen an die Abhilfe- und Präventionsmaßnahmen abgeklärt und ggf. ein Verfahren zur einvernehmlichen Streitbeilegung festgelegt werden.
Abhilfemaßnahmen
Im Austausch mit der hinweisgebenden Person sollten im nächsten Schritt Abhilfemaßnahmen erarbeitet und ggf. auch die Möglichkeit einer Wiedergutmachung abgesprochen werden. Die entsprechenden Maßnahmen müssen dann umgesetzt und nachverfolgt werden. Im Idealfall wird das erzielte Ergebnis mit der hinweisgebenden Person gemeinsam evaluiert. Zudem ist die Wirksamkeit des Verfahrens jährlich oder anlassbezogen zu überprüfen. Bei Bedarf sind Anpassungen am Verfahren oder an der Abhilfemaßnahme vorzunehmen.
Identitätsschutz
Da es sich bei den Meldungen in der Regel um sehr sensible Sachverhalte handelt, ist es unerlässlich, dass die Identität der hinweisgebenden Person absolut vertraulich behandelt wird. Die Möglichkeit, eine anonyme Meldung abgeben zu können, ist zwar gesetzlich nicht gefordert, wird aber dringend empfohlen.
Um den Schutz vor Benachteiligungen oder Bestrafung zu gewährleisten, müssen bei der Einführung des Beschwerdesystems entsprechende Maßnahmen festgelegt und kommuniziert werden. Zudem sind die Konsequenzen aufzuzeigen, die drohen, wenn der Schutz einer hinweisgebenden Person verletzt wird. Es empfiehlt sich, auch nach Abschluss der Beschwerde mit der hinweisgebenden Person in Kontakt zu bleiben.
Umsetzung der Anforderungen
Das LkSG fordert eine zielgruppengerechte Ausgestaltung der Meldekanäle, die zudem einfach und barrierefrei zugänglich sein müssen. Für Beschwerdeführer mit Zugang zum Internet bieten sich Online-Tools an, über die Meldungen erfasst und an die Beschwerdestelle weitergeleitet werden. Aber auch alle anderen Personen müssen, ungeachtet ihrer Einschränkungen, Zugang zu einem Meldekanal für das Beschwerdesystem haben. Die Unternehmen werden daher unterschiedliche Meldekanäle etablieren, die sowohl von Analphabeten, Kindern, Minderheiten, Personen mit körperlichen/geistigen Einschränkungen etc. bedient werden können als auch von Menschen, die Zugang zum Internet und zu Online-Tools haben. Die Meldungen aus den unterschiedlichen Kanälen sollten dann an einem zentralen Ort gesammelt, bearbeitet und dokumentiert werden.
Digitale Lösungen
Für die Umsetzung des Beschwerdemanagementsystems nach LkSG liegt es daher nahe, auf bereits etablierte Software-Lösungen für die sorgfältige und systematische Bearbeitung von Hinweisen zurückzugreifen. otris whistleblower ermöglicht es, die Beschwerden aus allen Kanälen zusammenzufassen, zu bearbeiten sowie zu dokumentieren. Nach Eingang einer Meldung wird der gesamte Prozess – von der Eingangsbestätigung bis zum Fallabschluss – im System protokolliert. Zusätzlich stehen Workflows für die Nachverfolgung von Präventiv- und Abhilfemaßnahmen zur Verfügung. Fällt die Entscheidung für ein externes Streitbeilegungsverfahren, so kann auf die Dokumentation im System zurückgegriffen werden.
Ebenso werden die Anforderungen des BAFA-Fragekatalogs erfüllt. Die Anwendung stellt die entsprechenden Kennzahlen zu Zieldauer und realer Dauer der Verfahren, Gesamtzahl der Beschwerden, Anteil der abgeholfenen Beschwerden etc. zur Verfügung.
Schutz durch Anonymität
Bei Meldungen, die direkt über die Meldeplattform kommen, schützt die Anwendung die Identität der hinweisgebenden Person über einen technisch abgesicherten Kommunikationsweg: Beschwerdeführer und Beschwerdeempfänger kommunizieren über eine webbasierte Meldeplattform, die alle ausgetauschten Daten verschlüsselt. Die meldende Person kann wählen, ob sie anonym melden oder Kontaktdaten hinterlassen möchte.